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Sokrates' Lehre, um die Realität "sein" zu lassen

Sokrates am Schreiben

Dein Gehirn ist ein faszinierendes Organ.


Es denkt. Es macht Pläne. Es führt deine Hand, mit der es vermag, ganze Welten zu erschaffen.

Im Grunde ist das eine großartige Sache.


Denn so entstehen z.B. bahnbrechende Produkte, die uns das Leben vereinfachen. Oder du spielst ein Instrument und verwirklichst dich auch noch selbst dabei.



Vorausgesetzt die Einstellungen in deinem Kopf sind korrekt.


Denn unser menschlicher Verstand, so scheint es mir, hat einen sehr merkwürdigen Realitätssinn oder sollte ich lieber sagen einen auffälligen Hang zur Irrealität?


Es sucht nach Mustern und einer tieferen Bedeutung in nahezu allem, was es denkt.


Wir erstellen bewusst, doch (meistens) unbewusst Konzepte, Überzeugungen oder Urteile.


Wir bewerten und etikettieren Geschehnisse als gut oder schlecht, nur um dem Ganzen, was wir er-leben, einen Sinn zu geben. Dies hilft uns, eine gewisse Ordnung beizubehalten.


Es gibt uns die Illusion von Kontrolle, und der unbewusste Gehirnträger lechzt geradezu danach.


Aber genau diese Überzeugungen oder Glaubenssätze können uns davon abhalten, die Dinge wirklich so zu sehen, wie sie sind. Wir alle kreieren Geschichten in unseren Köpfen – über uns selbst, über andere, allgemein über die Welt und wie sie zu funktionieren hat.


Wir glauben diesen Annahmen.


Wir handeln nach ihnen.


Wir grübeln über subjektive Wahrheiten, die möglicherweise nicht dem entsprechen, was ist.


Damit verzerren wir die Realität.


Mentales Leiden entsteht, wenn wir in einer sich ständig verändernden Welt an Geschichten festhalten, als wären sie absolut.


Oft sind es deine eigenen Überzeugungen und Erwartungen, die dir Schmerz bereiten.


Nicht die Welt, in der du lebst.


Was auch immer geschieht, ist real.


Was deiner Meinung nach geschehen sollte oder was du für angemessen hältst, ist unrealistisch.


Ich weiß, das klingt hart.


Doch der Mensch ist nicht enttäuscht von der Welt, sondern enttäuscht von seinen eigenen Projektionen.


Stell dir ein paar einfache Alltagssituationen vor:


  • Du gründest ein neues Geschäft und bist sehr überzeugt von deiner Idee. Dein Optimismus sorgt dafür, dass du wichtige Informationen wie Marktsituation und Finanzen außer Acht lässt und Warnsignale ignorierst; die Folge sind finanzielle Probleme und tiefe Selbstvorwürfe.


  • Deine neue Bekanntschaft schreibt dir nun schon seit Stunden nicht, und selbst am Abend erscheint keine Nachricht auf deinem Bildschirm. Der Verstand liebt es hier, die Lücke mit seiner eigenen Geschichte zu füllen. „Vielleicht mag sie mich nicht" oder noch schlimmer „Vielleicht schenkt er seine Aufmerksamkeit jemand anderem". Aus einer einzigen Abwesenheit wird eine Beziehungskrise, obwohl die Realität viel banaler ist.


  • Du bist frustriert, weil du dich ständig mit idealisierten Bildern in sozialen Medien vergleichst und daraus unbewusst die Überzeugung ableitest: „Mit mir stimmt etwas nicht" oder „Ich kann nichts."


  • Angenommen, du denkst, dass die Menschen selbstsüchtig sind. Dieser Gedanke wird durch Wiederholung und emotionalem Investment zu deiner ganz persönlichen Realität. Er färbt dein Erlebnis, und du interpretierst alles durch diese eine Linse. Dein Verstand sucht nach Beweisen, die diesen Gedanken bestätigen, und blendet alles andere aus, was dem nicht entspricht. Und das Universum liefert. Immer.


In all diesen Fällen ist das Leid nicht zwingend durch das Ereignis verursacht, sondern durch die Deutung des Ereignisses. Du kämpfst mit einer selbstgemachten Geschichte, nicht mit der Wirklichkeit.


Denn wenn es Wahrheit ist, die du suchst, objektive Wahrheit, dann musst du alles ohne Filter, Annahmen, Überzeugungen oder Erwartungen betrachten.


Alle Brillen runternehmen.


Grundsätzlich lege ich jedem Suchenden Achtsamkeit und Meditation ans Herz.


Doch heute möchte ich dir eine andere Methode an die Hand geben:

Sokrates' Lehre vom Nichtwissen.



Ich weiß, dass ich nichts weiß


Wenn man an Philosophie denkt, fällt fast immer ein Name: Sokrates.


Der Athener Denker des 5. Jahrhunderts v. Chr. gilt als einer der Väter der westlichen Philosophie.


Das Erstaunliche ist, dass von ihm selbst kein einziges geschriebenes Werk überliefert wurde.


Alles, was wir über ihn wissen, stammt von seinen Schülern, vor allem von Platon. In Platons Apologie, also der Verteidigungsrede des Sokrates vor Gericht, finden wir die Quelle für die spätere Formulierung „Ich weiß, dass ich nichts weiß".


Dort berichtet Sokrates, dass das Orakel von Delphi ihn zum weisesten Menschen erklärt habe.


Sokrates war irritiert, denn er hielt sich selbst nicht für besonders weise.


Also prüfte er Politiker, Dichter und Handwerker – alles Menschen, die für klug galten. Dabei stellte er fest, dass viele glaubten, sehr viel zu wissen, ihr Wissen aber nicht begründen konnten oder sich selbst widersprachen.


Sokrates zog daraus den Schluss, dass echte Weisheit nicht darin besteht, lauter sichere Antworten parat zu haben, sondern die eigene Begrenzung und den Hang zu Irrtümern zu erkennen.


Demut vor dem Nichtwissen zu haben.


Wer anerkennt, dass er nicht alles weiß, öffnet sich für die Möglichkeit, dass die eigenen Annahmen falsch sein könnten.


Diese Haltung macht frei.


Wir reagieren nicht mehr automatisch aus verletztem Stolz oder aus Angst, sondern können die Dinge nüchterner betrachten.


So entstehen Klarheit und auch innerer Frieden.


Was bedeutet das konkret für dein mentales Wohlbefinden?


  1. Wenn du deine Überzeugungen als Hypothesen behandelst statt als unumstößliche Tatsachen, gelingt es dir leichter, flexibel zu reagieren. Hypothesen lassen sich prüfen, anpassen oder verwerfen; feste Glaubenssätze hingegen führen oft zu Starrheit und Leiden.


  2. Das Aufdecken von Widersprüchen in deinem Denken nimmt ihnen Macht. Wenn du merkst, dass deine Schlussfolgerung „Sie ist arrogant und meldet sich nicht → sie will mich nicht" nur eine mögliche Deutung ist, nimmst du deinem aufbrausendem Ärger den Wind aus den Segeln.


  3. Sokrates glaubte, dass moralisches Fehlverhalten häufig aus Unwissenheit entsteht. Das heißt, wenn Menschen falsche Annahmen haben, handeln sie schlechter, leiden mehr und erzeugen Leid bei anderen. Wissen und Klarheit sind also kein bloßes Luxusgut, sondern eine Grundlage, um weniger Schaden zuzufügen und gelassener zu leben.


Das sokratische Denken ist sehr praktisch.


Sobald ich merke, dass ich gerade meinen eigenen Projektionen verfalle, hole ich tief Luft und wiederhole den Satz „Ich weiß, dass ich nichts weiß" mehrmals in meinem Kopf.


Das verschafft mir schnelle Abhilfe.


Doch Achtung! Gerade in dieser Praktikabilität liegt auch eine Falle.


Missbrauche diese Lehre nicht, um dich von deiner Verantwortung zu entbinden!


Es geht nicht darum, schwierige Emotionen oder unbequeme Wahrheiten zu umgehen.


Ich weiß ja nichts, also soll sie machen was sie will" oder „Alles ist nur Projektion, deshalb muss ich nicht hinschauen."


Das ist eine subtile Art der Selbstverleugnung.


In so einem Fall nutzt du die Philosophie als Fluchtweg vor dem, was in dir lebendig ist.


Das Ergebnis ist Taubheit, nicht Klarheit.


Echte, sokratische Haltung führt dich tiefer in die Erfahrung hinein, nicht heraus. Sie stellt deine Komfortzone infrage und führt dich in unbekanntes Terrain. Es ist herausfordernder, manchmal sogar unangenehm. Wenn dein Denken Wut, Trauer oder Angst hervorruft, dann ist die gesunde Einstellung: „Ich weiß nicht, warum ich so reagiere – lass mich das erforschen."


Gerade wegen dieser Falle oder bei komplexeren Themen, empfehle ich dir den Stift in die Hand zu nehmen und Teilschritte auszuführen.


Dies könnte für dich folgendermaßen aussehen:


  1. Halte inne und schreibe die Geschichte auf, die du dir erzählst. (z.B. „Sie meldet sich nicht; ich bin nicht wichtig.")


  2. Frage nach Belegen: Was spricht wirklich dafür? Was spricht dagegen? Gibt es alternative Erklärungen?


  3. Suche nach Widersprüchen: Führt diese Überzeugung zu Handlungen, die im Widerspruch zu deinen Werten oder bisherigen Erfahrungen stehen?


  4. Formuliere die Annahme als Hypothese: „Vielleicht ist sie gestresst oder krank." Teste diese Hypothese durch neugieriges Nachfragen statt durch Vorwürfe.


  5. Pflege intellektuelle Demut: Sich einzugestehen, dass man nicht alles weiß, mindert den Druck, immer Recht haben zu müssen, und öffnet den Raum für Gefühle und Lernen.


  6. Was auch immer herauskommt, übe dich in Verständnis, besonders dir selbst gegenüber.


Merke dir, dass Sokrates' Methode nicht bloß intellektuelle Spielerei ist.


Sie lädt dich ein, deine Geschichten zu hinterfragen, aber niemals deine grundlegende menschliche Erfahrung zu verleugnen.


Sie hilft bei Grübeleien, Schwarz-Weiß-Denken und ist zudem ethisch motiviert.


Er verstand Philosophie als Praxis, die das Leben verbessert.


Durch das fortgesetzte Hinterfragen werden wir nicht nur klüger, sondern auch gerechter und gelassener, weil wir weniger von Illusionen gesteuert werden. Und wer weniger von seinen Projektionen beherrscht wird, erlebt weniger unnötiges Leid.


Also untersuche die Brille, die du dir aufgesetzt hast.


Nimm sie gelegentlich ab, um wieder mit klarer Sicht auf die Welt zu schauen.


Das ist nicht immer bequem.


Es verlangt Mut, die eigene Meinung infrage zu stellen, aber es ist ein direkter Weg, mentales Leiden zu verringern und ein ehrlicheres, handlungsfähigeres Leben zu führen.


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Dein Mentaltrainer,



Eren







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